Beten mit Leib und Seele

Yoga lässt sich wunderbar mit dem christlichen Glauben und der christlichen Spiritualität verbinden und erlebbar machen. Ein Interview mit Nina-Maria Mixtacki

Interview Gesund leben Achtsamkeit Glaube

Lebe gut: Wer je eine Gospelmesse besucht hat, weiß, dass man den christlichen Glauben durchaus auch sinnesfroher leben und feiern kann, als wir es aus unseren Breiten kennen. Frau Mixtacki, Sie sind Pfarrerin und haben Ihren eigenen Weg gefunden, die christliche Spiritualität neben Kopf und Verstand auch um den Körper und die Sinne zu erweitern …

Nina-Maria Mixtacki: In der Tat – denn ich hatte und habe einen Traum: Ich träume von einem christlichen Glauben, von christlicher Spiritualität, die mich ganzheitlich anspricht – meinen Körper, meine Seele, meinen Geist. Ich wünsche mir Angebote, die über das kognitive Verstehen hinausgehen und mir Gott sinnlich und körperlich erlebbar, greifbar, spürbar machen. Für die einen ist es der Gospelgesang, andere finden Spiritualität im Pilgern – mein Weg und An gebot ist Yoga, das eine ideale Verbindung von Bewegung und Ruhe, Herausforderung und Entspannung ermöglicht. Man könnte auch sagen: Yoga ist ein Weg, mit dem Körper zu beten.

Wie sich das Yoga weiterentwickelt hat

Lebe gut: Nun liegt die Wiege des Yoga bekanntermaßen in Indien, wird also eher mit dem Buddhismus oder Hinduismus in Verbindung gebracht. Wie lässt sich die Yoga-Philosophie mit dem christlichen Glauben in Einklang bringen?

Nina-Maria Mixtacki: Das stimmt, Yoga ist vor vielen hunderten Jahren in Indien entstanden. Wir kennen einen sehr alten Text, der Yoga beschreibt: das Yoga Sutra Patanjali. Doch Yoga ist natürlich nicht auf dem Stand von vor über 1.500 Jahren stehengeblieben, sondern hat sich weiterentwickelt. Besonders zu der Zeit, da Indien eine englische Kolonie war, haben sich indische und westliche Traditionen vermischt. Yoga kam im 19. Jahrhundert in die westliche Welt und wurde dort adaptiert und auch zu einem großen Teil von seinem Ursprung entfremdet – vieles hat dabei mit Erleuchtung im religiösen Sinn nichts mehr zu tun. Das Yoga, das wir machen, ist nicht automatisch Hinduismus oder eine andere Religion. Das Yoga, das wir heute zumeist praktizieren, hat sich zu großen Teilen von jedem religiösen Kontext gelöst. Aber das ist nicht alles. Ich kann Yoga eben unkompliziert auch wieder mit religiösen Inhalten füllen. Auch mit christlichen!

Lebe gut: Christliches Yoga, seien wir ehrlich, wird womöglich von manchen als zeitgeistig, gar beliebig abgetan. Was lässt sich darauf entgegnen?

Nina-Maria Mixtacki: Yoga ist für mich die Kombination aus Atemübung, Körperübung und Meditation. Atemübung und Meditation wiederum sind etwas ur-christliches, also keinesfalls »zeitgeistiges«. Und beides spielt seit den ersten Jahrhunderten nach Christus eine Rolle und hat sich über Jahrhunderte gehalten. Denken Sie an die Mystik. Denken Sie an Klöster. Das Wissen, dass ich mit meinem ganzen Körper ein Geschöpf Gottes bin, ist in der gesamten Bibel vorhanden.

Die Vielfalt des Yogas

Lebe gut: Yoga ist nicht gleich Yoga – erfährt man bei der Lektüre Ihres Buchs. Für welche Form haben Sie sich entschieden? Und sind die von Ihnen beschriebenen Yoga-Übungen auch für durchschnittlich Trainierte, gar ältere Menschen zu bewältigen?

Nina-Maria Mixtacki: Ich habe bewusst verschiedene Formen in das Buch integriert. Ich selbst möchte mich auch in meiner persönlichen Yoga-Praxis nicht für eine einzige Art des Yoga entscheiden, sondern genieße dessen Vielfalt. Und genau davon wollte ich auch etwas in die Übungen des Buches einfließen lassen. Die Übungen sind für durchschnittlich Trainierte problemlos zu bewältigen und werden im vorderen Teil auch ausführlich erklärt. Und wenn es doch mal eine Übung gibt, die nicht für den/die Einzelne passt, gibt es immer Möglichkeiten, diese einfach individuell anzupassen.

Lebe gut: Würden Sie mir zustimmen, dass christliches Yoga also ein vielversprechender Weg ist, eine neue spirituelle Glaubenserfahrung mit einer für viele bislang unbekannten neuen Körpererfahrung zu verbinden?

Nina-Maria Mixtacki: Dem stimme ich voll und ganz zu. Ich bin gespannt, wohin sich das Thema christliches Yoga entwickeln wird.


Dieses Interview ist in unserem Kundenmagazin Frühjahr 2025 erschienen.


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