Theologe – Ordensmann – Priester – Begründer eines »offenen Klosters« – freier Autor und spiritueller Lehrer – Ehemann eines deutschen Manns: Das sind (nicht nur) äußere Stationen eines bewegten Lebens. Seit langem gehört Pierre Stutz nicht zufällig zu den meistgefragten spirituellen Lehrern unserer Zeit – jenseits von Kirchen- und Konfessionsgrenzen. Viele seiner Leser:innen werden mit ihm an seinem Geburtstag in einen seiner Lieblingssätze einstimmen, mit dem er jeden Tag nach dem Aufstehen begrüßt: »Merci la vie« – Danke, Leben!

Pierre Stutz verbindet Selbsterfahrung mit Inspiration durch die Bibel, Mystik mit politischem Einsatz, Abneigung gegen kirchliches Pathos mit Liebe zu Ritualen als Lebenshilfen. Überhaupt mag er Gegensatzpaare, er würde vielleicht lieber Spannungspole sagen: »Zorn und Zärtlichkeit«, »Stille und Engagement« oder »Leidenschaft und Gelassenheit«. Mit solchen Formulierungen zeigt er an, dass seine Bücher sich keiner Schreibtisch-Logik verdanken, sondern dem Leben, das in keine vorgefertigte Schublade passen will.

Im Jahr seines Geburtstags haben auch die »Menschenrechte« Geburtstag: Vor 75. Jahren proklamierten die Vereinten Nationen unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs die »Allgemeine Erklärung der Menschenrechte«. Seit mehreren Jahren unterstützt Pierre Stutz aktiv das »Human culture project« des deutschen Komponisten und Musikers Helge Burggrabe. Musiker, Choreografen, Autoren, Schulen arbeiten hier zusammen, um mit Jugendlichen in vielen Ländern eine menschenrechtliche Vision zu entwerfen, die über die Grenzen der Kulturen und Religionen hinaus verbindet und einen menschenwürdigen Frieden möglich macht: »Pierre Stutz/Helge Burggrabe, Menschlichkeit JETZT!«

Was braucht es, um Frieden zu realisieren? Pierre Stutz‘ überraschende Antwort: die Kraft der Aggression anschauen, annehmen, positiv freisetzen für einen alltäglichen Friedensweg. Er weiß: Aggression, Zorn und Wut gehören zum Menschsein. Sie lassen sich nicht »verbieten«. Aber sie haben eine spirituelle Botschaft. Sie lautet: Wegkommen von einem Schwarzweiß-Denken, in dem ich entweder liebe oder hasse, meine Gefühle entweder unkontrolliert ausdrücke oder im Gegenteil sie unterdrücke.  Offen erzählt Pierre Stutz in seinem Buch »Lass dich nicht im Stich« von persönlichen Erfahrungen, verletzt worden zu sein, auch als Kind durch sexuelle Gewalt. Keine Schreibtisch-Weisheiten, sondern erfahrenes, auch erlittenes Leben: »Mein körperlicher Schmerz und mein Trauma waren so groß, dass ich als Überlebensstrategie aus meinem Körper ausstieg und danach die Brutalität tief in mir vergrub.«

Heute strahlt Pierre Stutz die »leidenschaftliche Gelassenheit« aus, von der er in seinen Büchern schreibt. Vor einigen Jahren hat er seinem Tagebuch anvertraut, was eine Grundeinsicht seines Lebens ist: »Ich bin als Suchender immer schon angekommen. Deshalb bleibe ich gern ein Suchender, weil es für mich bedeutet, lebendig-liebend mit anderen auf dem Weg zu sein.« Als junger Theologiestudent hat sich Pierre Stutz intensiv mit den Psalmen der Hebräischen Bibel befasst – anzogen von ihrer existentiellen Sprache und dem »unzensierten« Widerklang aller menschlichen Gefühle. In der Zeit des Corona-Lockdowns griff er wieder zu den Psalmen, meditierte sie täglich auf seinen Wegen in der Natur, hielt seine Gedanken fest: »Mich in die Tiefe des Lebens hinein wagen / mich fallen lassen in Deinen Hoffnungsgrund«.