Das Mittelalter als Wegbereiter moderner Medienkultur
Das Mittelalter – faszinierend und beeindruckend zugleich. Es bietet weit mehr als Kreuzrittertum und Minnesang. Das Mittelalter gilt als Wiege unserer heutigen Medienkultur und prägt uns bis heute.
Gesellschaft ReportageWarum das Mittelalter weit mehr umfasst als Minnesang und Kreuzritter
Das Mittelalter ist eine faszinierende Epoche. Es umfasst dabei weit mehr als etwa Ritter, Kreuzzüge und Wikinger – Begriffe die Vielen dazu einfallen. Zudem assoziieren viele diese Zeit zwischen 500 und 1500 nach Chr. als düstere, dunkle Periode. Dieses Bild ist sicherlich auch durch Romane, Fernsehfilme und Serien – hier nicht zuletzt durch die Verfilmung des Bestsellers »Games of Thrones« – noch einmal nachhaltig geprägt worden.
Jedoch wurden in diesem Zeitalter vielfältige Grundlagen gelegt, die unser Leben bis heute mittel- oder unmittelbar prägen. Denken wir etwa an die Herausbildung noch bestehender Länder sowie die Anfänge von Universitäten und Bankenwesen. Des Weiteren gab es technische Innovationen, wie etwa im Bereich der Wasserkraft oder das sich etablierende Archiv- und Bibliothekswesen. Letzteres gilt bis heute als Grundlage moderner Verwaltung. Auch die architektonischen Leistungen beim Bau von Burgen oder Klöstern sind in diesem Zusammenhang zu nennen.
Das Mittelalter als Wegbereiter moderner Medienkultur
Aber auch die Grundlagen moderner Medienkultur wurden in den rund 1000 Jahren gelegt, die zwischen der Erfindung des Codex als Buchform und der Druckerpresse liegen. Wer zum Beispiel schon einmal in einer Ausstellung prachtvolle Handschriften des Hochmittelalters betrachtet hat, konnte sich mühelos auf den Seiten zurechtfinden und mit nur wenig Anstrengung die Texte entziffern. Im Mittelalter wurde eine Schrift mit Groß- und Kleinbuchstaben sowie die Grundformen heute gebräuchlicher Schriftarten und Satzzeichen etabliert. Die Traditionen des Layouts von Texten und nicht zuletzt die einzigartige, neue Qualität ihrer Bebilderung sind als wegweisend anzusehen. Als weiterer grundlegender Prozess der Medienproduktion ist die Verwendung des Papiers als Beschreibstoff zu nennen. Ohne diese Art der Schriftlichkeit sind viele Entwicklungen in die Moderne hinein undenkbar.
Ds Kloster als Ursprung modernen Verlagswesens
Die Schreibstube, das sogenannte Skriptorium, spielte in vielen Klöstern eine bedeutende Rolle. Zu den ersten Texten, die in Handschriften bebildert und in Form gebracht wurden, zählten sakrale oder profane Geschichten und Lieder. Hierbei gab es zumeist einen Auftraggeber, durch den Inhalt, Ausstattung und Bebilderung bestimmt wurden. Noch heute sind in den Museen der Welt reich verzierte Pergamenthandschirften mit detailreichen Bildern und außergewöhnlich typografischen Verzierungen zu bestaunen. Manche Schriften wurden gar nach ihrem Verfasser benannt und tragen bis heute in der Wissenschaft dessen Namen.
Handschriften des Mittelalters
PD Dr. Mathias Kluge, Dozent an der Universität Augsburg für mittelalterliche Geschichte, ist ein Kenner mittelalterlicher Handschriften. In seinem Buch »Handschriften des Mittelalters« vermittelt er kulturhistorische Grundlagen der Entstehung dieser Handschriften. Schnell und sachlich bietet er uns einen Einblick in Techniken und Methoden dieser ersten »Gehversuche« moderner Medienkultur. Sein Lehrbuch liest sich wie ein Reiseführer durch diese für uns so fernen und fremde Welt der mittelalterlichen Schriften und ermöglicht uns Wege zu ihrer Erschließung.