Selbstliebe trotz Anderssein
Bodyshaming, Mobbing und fehlende Inklusion können zu einem negativen Selbstbild führen. Ilka Brühl macht Mut, mehr Selbstliebe zu wagen – und so ein Umdenken zu bewirken
Toleranz Gesellschaft Würde ErmutigungVor dem Hintergrund großer gesundheitlicher oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten mag es für manchen ein Luxusproblem sein, doch für viele Menschen ist es eine echte Not: die Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen und ein daraus resultierendes schwaches Selbstwertgefühl.
Statistiken sprechen hier eine klare Sprache: etwa 30 Prozent der Mädchen in Deutschland leiden an einer Essstörung, die meisten davon an Magersucht. Dem liegt ein gestörtes Selbstbild zugrunde: »Ich bin zu dick«, das nicht selten durch eine Unmenge an Bildern von perfekten Körpern und Gesichtern auf Instagram, Snapchat und in anderen sozialen Medien erzeugt wird. Schnell wird das Abnehmen zur Sucht, doch die Gewichtabnahme ändert nichts am negativen Selbstbild.
»Bodyshaming« ist kein seltenes Phänomen
Doch auch eine breite Nase, kleine Brüste oder angeborene körperliche Merkmale, angefangen bei Muttermahlen und Sommersprossen bis hin zu körperlichen Beeinträchtigungen – der Körper steht immer wieder im Mittelpunkt der Identifikation adoleszenter Menschen. Der Druck, der nicht nur durch die stete Repräsentanz angeblich perfekter Körper, sondern auch durch die Filtermöglichkeiten in den Sozialen Medien noch verstärkt wird, ist immens.
Auch wenn das Problem bei jungen Mädchen besonders virulent ist, bleiben auch Erwachsene davon nicht verschont: Laut einer Studie der Firma Splendid Research aus dem Jahr 2016 waren in Deutschland nur 53 Prozent der Männer und sogar nur 41 Prozent der Frauen mit ihrem Aussehen zufrieden.
Bodyshaming heißt ein Phänomen, das nicht nur, aber vor allem Frauen betrifft, die sich selbst für hässlich halten oder denen dies von ihrer Umwelt suggeriert wird – ob direkt durch Mobbing oder indirekt durch die ständige Präsenz »perfekter« Körper. Kein Wunder, dass die Anzahl der Schönheitsoperationen weltweit von 2010 bis 2018 von etwas über 14.000 auf über 23.000 pro Jahr gestiegen ist.
Ilkas Geschichte macht Mut
Doch was, wenn die »Problemzone« nicht durch geschickt gewählte Kleidung kaschiert oder durch eine Diät optimiert werden kann? Was, wenn die Sache ganz anders gelagert ist? Eben davon erzählt die Lebensgeschichte von Ilka Brühl. Sie sieht anders aus, denn Ilka Brühl kam mit einer Nasen-Lippen-Spalte zur Welt, einer Fehlbildung von Nase, Lippen und Augen.
Dieses andere, besondere Aussehen ist auch nach einer Reihe von Operationen geblieben. In ihrer Kindheit wurde Ilka Brühl als Hexe beschimpft, in ihrer Jugend zog sie sich zurück und haderte mit ihrem Aussehen. Der Weg zu mehr Selbstvertrauen war lang und steinig, doch er hat sich gelohnt.
Heute hat sie ihr besonderes Aussehen zum Markenzeichen gemacht und zeigt sich mit zahlreichen Fotografien in den Medien und sozialen Netzwerken. Sie kämpft dafür, dass Schönheit als Vielfalt wahrgenommen wird.
Sie selbst bezeichnet sich als Mutmacherin und hoffnungslose Optimistin. Mit Herz und Verstand kämpft sie so auf vielen Wegen für einen wertschätzenden Umgang mit uns selbst und unserem Umfeld. Dass ihr dies trotz Ablehnung und Ausgrenzung in jungen Jahren so gut gelungen ist, für sich selbst ein Umdenken zu bewirken, ist bemerkenswert. In »Anders schön« lässt sie uns teilhaben an Ihrem Weg zu mehr Selbstliebe hin zu einer starken, selbstbewussten Frau. Ein bewegendes und ermutigendes Buch über Selbstliebe trotz Anderssein.
Ihr Wunsch für die Zukunft ist mehr Inklusion, Toleranz und Akzeptanz in den Medien, im Film und der Werbung. Denn nur durch die Darstellung der Vielfalt lässt sich nachhaltig ein Umdenken der Menschen und ein positiveres Miteinander bewirken.