Streiten Frauen anders als Männer?

Frauen und Männer verhalten sich unterschiedlich. Woran man das u. a. am Streitverhalten erkennen kann, lesen Sie hier. Ein kurzer Einblick in das neue Buch des Paartherapeuten Dr. Guy Bodenmann.

Familie Liebe und Partnerschaft Harmonie

Insgesamt finden sich nur geringe Unterschiede bezüglich der Konfliktkommunikation von Frauen und Männern. Es gibt mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede. [1]

Ein paar wichtige Unterschiede gibt es dennoch. So tendieren Frauen häufiger dazu, Konflikte anzusprechen und ausdiskutieren zu wollen. Sie bleiben hartnäckig am Konflikt dran und werden emotional. Männer auf der anderen Seite neigen häufiger zu Rückzug und Vermeidung und möchten am liebsten Konflikte unter den Teppich kehren. Sie hoffen, dass sich das Problem von selbst erledigt und keine großen Diskussionen erforderlich sind.

Im Zuge des Konflikts sprechen Frauen zudem mehr über Gefühle (»Weißt du, mich hat das wirklich gestört und ich finde es nicht okay. Es hat mir echt schlechte Gefühle gemacht«), während Männer zu einer raschen Problemlösung neigen (»Klar, verstehe ich, aber schau es mal von einer praktischen Seite an: Wir haben beide viel Stress, da macht es doch nur Sinn, wenn wir uns aufteilen und nicht beide zusammen die Kinder ins Bett bringen«). [2]

Diese unterschiedlichen Herangehensweisen (Ansprechen des Konflikts versus dessen Vermeidung sowie Äußern von Emotionen versus rasche Problemlösung) schaffen häufig Spannungen, insbesondere da sich die Frauen nicht verstanden und in ihrem Anliegen nicht ernst genommen fühlen. Sie empfinden Frustration, die Männer auf der anderen Seite fühlen sich bedrängt. Sie nehmen die Frau als nörgelnd und quengelnd wahr. Beide zeigen bei diesem Muster eine niedrigere Partnerschaftszufriedenheit und längerfristig ein höheres Trennungsrisiko. [3]

Wissenswertes aus der Forschung:

Insgesamt liegen wie gesagt nur geringe Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezüglich der verschiedenen Kommunikationsformen vor. Ein immer wieder gefundener Unterschied liegt beim sogenannten Demand-Withdraw-Verhalten. Demand meint, dass man den Konflikt einbringt, den Partner, die Partnerin in die Mangel nimmt und hartnäckig dranbleibt, um das Problem zu Ende zu diskutieren. Man lässt nicht gleich locker, sondern drängt auf ein Besprechen des Störenden und wünscht sich eine Lösung. Im Gegensatz dazu steht withdraw für das Ausweichen, Verdrängen und die Tendenz, Konflikten aus dem Weg zu gehen. Withdraw geht mit Konfliktscheue und Rückzug einher.

In einer Studie [4], in welcher 75 Paare (20 lesbische Paare, 15 schwule Paare, 20 verheiratete heterosexuelle Paare und 20 nicht verheiratete heterosexuelle Paare) in videographierten Konfliktgesprächen analysiert wurden, konnte gezeigt werden, dass Frauen insgesamt mehr zu demand und Männer mehr zu withdraw neigen, unabhängig von der sexuellen Orientierung oder Partnerschaftsform.

Die Hauptbefunde der Studie sind:

• Keine signifikanten Unterschiede zwischen den vier Gruppen.
• Mehr Demand-Verhalten in allen Gruppen, wenn ein eigenes Problem vorgebracht wird.
• Frauen zeigen in allen Gruppen mehr Demand-Verhalten.
• Männer zeigen in allen Gruppen mehr Withdraw-Verhalten.
• Es findet sich ein stärkeres Demand-Withdraw-Muster, wenn das Konfliktthema von der Frau eingebracht wird.
• Alle Paare weisen eine geringere Partnerschaftszufriedenheit beim Demand-Withdraw-Verhaltensmuster auf.


Guy Bodenmann, Auszug aus Kap. 1 des Buches »Streitet euch! – Wie Konflikte Paare und ihre Kinder stärken«

[1] Woodin (2011).
[2] ebd.
[3] Bodenmann (2012); Bodenmann & Fux (2019).
[4] Baucom, McFarland & Christensen (2010).

Über den Autor

© Universität Zürich

Guy Bodenmann

Dr. Guy Bodenmann ist Professor für Psychologie an der Universität Zürich und arbeitet als Paartherapeut und Ausbildner. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Paare/Familien sowie die Prävention von Beziehungsstörungen. Zu diesen Themenbereichen hat er zahlreiche Fachbücher und Ratgeber veröffentlicht.
www.paarlife.ch​​​​​​​

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