Was wir brauchen, um freie und glückliche Menschen zu werden

Wie die Erziehung unserer Kinder zur Weltoffenheit gelingen kann, beschreibt unser Autor Claus Koch in seinem neuen, ungewöhnlichen Erziehungsratgeber

Ratgeber Kindererziehung Familie

Obwohl der Zugang zu Informationen heute so einfach ist wie wohl noch nie zuvor, ist der Bedarf nach Beratung und Orientierung scheinbar eher größer als kleiner geworden. Zu vielfältig und widersprüchlich sind die Antworten auf die Fragen, die uns umtreiben, auch und gerade im Bereich der Erziehung.

So ist es kein Wunder, dass jedes Jahr neue und immer mehr Erziehungsratgeber erscheinen, denn welche Frage wäre wichtiger als die, was wir unseren Kindern für ihr Leben mitgeben sollen und wie uns eine gute Erziehung gelingen kann.

Kein Ratgeber wie wir ihn kennen – und doch einer, den wir unbedingt lesen sollten

Dr. Claus Koch ist Diplom-Psychologe, Bindungsexperte und Mitbegründer des Pädagogischen Instituts Berlin. Er hat ein Buch zum Thema Erziehung geschrieben – das jedoch viel mehr als ein gewöhnlicher Ratgeber ist.

Was aber ist es dann? »Dieses Buch von Claus Koch«, so schreibt der Hirnforscher Gerald Hüther, »ist das ungewöhnlichste Buch auf dem ganzen Erziehungs- und Bildungssektor der letzten Jahrzehnte. Es macht seinen Leserinnen und Lesern keine rezeptartigen Erziehungsvorschriften, sondern regt sie zum Nachdenken über ihre eigene Kindheit und die ihrer Kinder an.« Im Anschluss an die Lektüre schlägt Hüther vor, dass »dieses Buch ganz vorn im Regal der Erziehungsratgeber stehen sollte«.

Statt einfache Erziehungstipps zu geben, erzählt Claus Koch in Form eines Romans, wie das Mädchen Zoe in die Welt hineinwächst und dabei Neugier und Verständnis für das noch Unbekannte entwickelt – wie Erziehung zur Weltoffenheit gelingt.

Zoes Weg ins Leben

Im Gespräch mit dem Ich-Erzähler beschreibt Zoe Episoden aus ihrer Kindheit und Jugend. Darin spricht sie etwa von der Neugier auf die Welt, die sie ausleben durfte, auch wenn sie immer wieder mit den Vorstellungen der Erwachsenen in Konflikt geriet.

Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Buch:


Die Welt in der Hosentasche

»Mit drei Jahren fing ich an zu sammeln. Und zwar alles, was meine Neugierde anzog und nicht niet- und nagelfest war. Es landete in meiner Hosentasche: Schnecken, Käfer, Steine, Blumen, Löwenzahnsamen, Gräser, unreife Kirschen, die vom Baum gefallen waren, Blätter, Rindenstücke, Ameisen. Für mich gab es keinen Unterschied zwischen tot und lebendig, denn für mich war alles lebendig. Die Blätter konnten mir von ihrem Leben erzählen, als sie noch am Baum hingen, und warum gerade sie die Ersten waren, die auf dem Gras lagen; ich beobachtete, wie sie langsam heruntersegelten, und schnappte mir oft ein besonders Farbiges. Die Gräser erzählten mir von ihren Nachbarn, den Blumen, und die wiederum von den Hummeln, die ich auch versuchte zu fangen um sie einzustecken, was mir aber nicht gelang. (…) Die kleinen Kirschen waren für mich die Kirschenbabys, die in einer Schachtel landeten, damit sie nicht von den Vögeln gefressen werden konnten – und überhaupt, damit sie nicht so allein waren. Und wenn sie laut herumschrien, legte ich eine große Kirsche dazu, das war ihre Mutter und sie hörten sofort mit dem Schreien auf und schliefen friedlich ein. Auf diese Weise nahm die Welt Gestalt für mich an. Alles hing irgendwie miteinander zusammen, alles stand miteinander in Beziehung, alles wurde zu einer Welt, nur für mich gemacht und von mir immer wieder neu erfunden. Ich trug die Verantwortung, dass sich alles, was da so verstreut herumlag, wieder zu einem Ganzen zusammenfügte, und wehe, jemand griff in diese von mir gesammelte Welt ein, zum Beispiel abends meine Eltern, wenn sie meine Taschen ‘ausmisten’ wollten, wie sie es nannten. Dann bekam ich einen Tobsuchtsanfall, als wollten sie mich von etwas trennen, das ein Teil von mir und nur von mir selbst war. Das Sammeln als schöpferischer Akt gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen der meisten Kinder. Sie schaffen sich eine Welt, die nur ihnen gehört. Wenn man es ihnen verbietet oder ihnen etwas davon wegnehmen will, verteidigen sie die Welt in ihren Hosentaschen manchmal wie eine Mutter ihr Kind.«


Was wir von Zoe lernen können

Zoes Erzählungen und Erinnerungen wecken Verständnis für die ganz andere Sicht auf die Welt und ihre Dinge, die Kindern und Jugendlichen zu eigen ist. Zoe lässt uns teilhaben an ihren Gedanken, Gefühlen und Träumen, erzählt von ihren Erfahrungen mit Nähe und Fremdheit, Vertrauen und Angst, Mut und Ohnmacht – und von ihrer Liebe zu Ben, der so ganz anders ist als sie. Zoes Geschichte folgt dabei in fünf Kapiteln entwicklungspsychologisch besonders bedeutsamen Etappen.

Im Anhang dieses außergewöhnlichen Erziehungsratgebers macht der Autor seinen Leserinnen und Lesern das Angebot, Erkenntnisse der modernen Säuglingsforschung, Entwicklungspsychologie und Bindungstheorie aus den Kindheits- und Jugenderfahrungen Zoes herauszulesen. So wird deutlich, was ein Mensch braucht, um geborgen, frei und weltoffen aufzuwachsen.

Denn darum geht es schließlich bei alledem: Oder, wie Gerald Hüther sagt, »wir Menschen sind und bleiben ja alle Suchende. Wir müssen erst herausfinden, worauf es für ein gelingendes und glückliches Leben ankommt.«

Über den Autor

© Stefan Gelberg

Claus Koch

Dr. Claus Koch, Diplom-Psychologe, war bis 2015 Verlagsleiter für den Bereich Sachbuch beim Beltz Verlag in Weinheim. Zahlreiche wissenschaftliche Beiträge zum Thema Bindungstheorie und Buchveröffentlichungen über Erziehung, Kindheit, Jugend und Erwachsenwerden. 2015 gründete er zusammen mit Dr. Udo Baer das Pädagogische Institut Berlin (PIB).
www.clauskoch.info​​​​​​​

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