Tief bestürzt haben wir Kenntnis genommen vom überraschenden, viel zu frühen Tod, der Eberhard Schockenhoff mitten aus dem Leben und seiner Arbeit gerissen hat. Wir trauern mit seinen Angehörigen sowie mit allen Freunden, Bekannten und Weggefährten, denen wir unsere tief empfundene Anteilnahme aussprechen.
Mit Eberhard Schockenhoff verlieren die Theologie, die katholische Kirche und die Gesellschaft insgesamt einen der renommiertesten, profiliertesten und in wissenschaftlichen wie öffentlichen Diskursen gefragtesten Theologen und Ethiker.
Nach seiner Studienzeit an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen und der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, der Priesterweihe ebenfalls in Rom und einem Lizenziatsstudium in Moraltheologie wurde er 1986 bei Alfons Auer in Theologischer Ethik promoviert (Bonum hominis. Die anthropologischen und theologischen Grundlagen der Tugendethik des Thomas von Aquin, Grünewald 1987) und habilitierte sich 1989 bei Walter Kasper (Zum Fest der Freiheit. Theologie des christlichen Handelns bei Origenes, Grünewald 1990). Nach einer Professur in Regensburg lehrte er ab 1994 Moraltheologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Eberhard Schockenhoffs beeindruckende, umfangreiche Publikationsliste zeugt von der Bandbreite seiner Interessen, seiner Forschungen und seines Wirkens im Bereich der Theologischen Ethik, aber auch jenseits seines eigenen Faches: Neben Grundlagenforschungen zum Naturrecht, zur Freiheit und zum Gewissen treten insbesondere bio- und medizinethische sowie sexualethische und friedensethische Fragestellungen, aber auch Themen wie beispielsweise der Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen.
Aufgrund seines bioethischen Arbeitsschwerpunkts wurde Eberhard Schockenhoff 2001 in den Nationalen Ethikrat berufen, dem er bis 2008 angehörte. Von 2008 bis 2016 war er Mitglied im Deutschen Ethikrat. Seine kritische Stimme erhob Schockenhoff zudem immer wieder zu politischen, aber auch innerkirchlichen Fragestellungen, in Reformdebatten und in der die katholische Kirche tief erschütternden Missbrauchskrise.
Besonders dankbar sind wir Eberhard Schockenhoff für sein unermüdliches Engagement für eine Profilierung und zukunftsfähige Weiterentwicklung der »Zeitschrift für medizinische Ethik«, deren Geschäftsführender Herausgeber er von 2001 bis 2017 war.
In all diesen ganz unterschiedlichen Zusammenhängen brachte Eberhard Schockenhoff immer wieder seine an seinem Lehrer Alfons Auer geschulte theologisch-ethische Grundhaltung ein: christlicher Glaube als kritisierender, integrierender und stimulierender Horizont sittlichen Handels. Aus dieser Haltung heraus entwickelte er seine Positionen für eine menschendienliche, heutigen Herausforderungen gerecht werdende und auf der Höhe der Zeit argumentierende Ethik.
Wir trauern um einen klugen Berater und wertvollen Freund und gedenken seiner in tiefer Dankbarkeit und Anerkennung. Er möge ruhen in Frieden.
Der Vorstand und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verlagsgruppe Patmos