Türchen 24 – Weihnachtsgeschichte »Die Katze an der Krippe«

Mit dieser wundervollen Geschichte, die vom größten Wunsch eines kleinen Mädchens handelt, verabschieden wir uns in die Weihnachtszeit und wünschen besinnliche Festtage!

Advent Weihnachten

DIE KATZE VOR DER KRIPPE

Mit dem ersten Schnee war auch die Wunschzettelzeit gekom­men. Im Dorf wetteiferten die Kinder miteinander. Engelglit­zerglanzbilder verzierten die Schönschrift. Im Lauf des Advents wurden die Listen länger. Manche mussten auch ganz neu auf­ gestellt werden. Im vorweihnachtlichen Gedankenaustausch kamen immer neue Wunschanregungen. In Festbescheidenheit wurde auch weniger Bedeutsames gestrichen. Manches wurde auch in Leuchtfarbe besonders betont. Der geheimnisvolle Adressat sollte auf den ersten Blick die Wichtigkeit erkennen. Die besten Orte zur nächtlichen Übergabe wurden besprochen. So ein Weihnachtswunschzettel durfte auf keinen Fall in falsche Hände geraten. Ein Verlust gar wäre unvorstellbar. Die Mäd chen und Jungen verfügten über gute Vorräte an Buntstiften und Kunstzubehör. So wurden im Lauf des Advents die Wün­sche deutlicher und verbindlicher.

Allerdings war das nicht überall so. Der Zettel der Dorfschreinerstochter war trotz aller Verzierungen noch ohne jeden Eintrag. Auf alles wollte sie von Herzen verzichten. Denn sie wünschte sich nur als Kameraden eine Katze. Für die wollte sie sorgen. Und mit ihr wollte sie Mädchenabenteuer erleben. In ihrer Märchenwelt konnten Menschen und Tiere einander verstehen und miteinander reden.  Vergeblich  bemühten  sich die Eltern um andere Wunschvorschläge. Um die Weihnachtszeit gibt es ja viele Möglichkeiten. Das traf auch für die Tochter zu. Bei dem Gedanken an die Spielsachen und Bilderbücher leuchteten ihre Augen. Doch der eine Wunsch blieb bestimmend. So kam der Heilige Abend. Die Eltern kannten die eine Wunschzettelbitte. Das Mädchen hatte den versiegelten Briefumschlag vor das Kirchportal gelegt. In den Tagen davor hatten die Eltern unbemerkt den Pfarrer aufgesucht. Dann  erstrahlte der Weihnachtsbaum. Die Familien waren beieinander und feierten die Geburt des kleinen Jesus. Im Dorfschreinerhaus saßen sie zum Abendessen zusammen. Danach wurde die Weihnachts­geschichte von Betlehem vorgelesen. Das war immer die Aufga­be des Vaters. Weihnachtslieder wurden gesungen von der Hei­ ligen Nacht und der fröhlichen Zeit. Schließlich kam der Augenblick der Bescherung. Ein frohes und gesegnetes Fest wurde dazu gewünscht. Alle Geschenke waren liebevoll ausge­dacht. Aber der Herzenswunsch der Tochter blieb unerfüllt. Sie verbarg ihre Enttäuschung und dankte für das Erhaltene.

Doch sie hatte bei den Eltern in den vergangenen Tagen geheimnisvolles Verhalten wahrgenommen. Darum pochte ihr Herz in unbestimmter Erwartung. Auf dem Weg zur Christmette ging sie in der Mitte. Sie fühlte, dass noch etwas in der Winterluft lag. Die Bänke hatten sich schon gefüllt. Vorbei an Predigt und Weihnachtsliedern wanderten die Kindergedanken auf und davon. Dann war Schluss. Schon halb auf dem Heimweg kehrten die Eltern um. Hand in Hand gingen sie durch den Seitengang bis zur Krippe. Dort lag der geöffnete Wunschzettel des Mädchens. Und davor wartete eine Schachtel mit einer roten Schleife. Ergriffen löste das Kind behutsam das Band. Mit beiden Händen hob sie den Deckel und blickte in die großen runden Augen ihrer kleinen Katze. Die begrüßte sie mit einem Katzenschnurren und schmieg­te sich in ihren Arm. Noch in der Kirche wurde der Name festgelegt. Von diesem Augenblick an hieß das Kätzchen »Moses im Karton«. Denn auch der große Prophet war ja in einem Korb gefunden worden. »Moses im Karton« aber erlebte ein langes Katzenglück an der Seite seiner neuen Freundin.

Britta Grothues

Aus dem Buch