Lu Chi und die Geschichte von der Weisheit des Lebens
Der kleine Herr Lu Chi ist Doris Bewernitz neueste Figur des gleichnamigen Buches. Er hat seine ganz eigene Sicht auf die Welt. Seine skurrilen und liebevollen Weisheiten helfen beim Blick über den Tellerrand. Doris Bewernitz im Interview
Interview Lebensweisheit AchtsamkeitWas würden Sie mit einem Sack voller Geld machen? Wie gräbt man einen Acker um, ohne einen Finger zu rühren? Was ist das höchste Ideal? Und was das größte Laster? Wie schützt man sich gegen Hass? Warum ist Spucken gesund für die Seele? Kann man Zeit nutzen? Was braucht eine Kuh, um glücklich zu sein? Der kleine Herr Lu Chi, 70 Jahre alt, bescheiden, lebenserfahren und neugierig wie ein Kind, hat seine ganz eigene Sicht auf die Welt und das Leben und gelangt dabei zu erstaunlichen Erkenntnissen. Es sind alltägliche und verblüffende, skurrile und liebevolle Weisheiten, die uns die Hand reichen und beim Blick über den Tellerrand helfen. Im Interview erzählt uns Doris Bewernitz was es mit dem faszinierenden Herrn Lu Chi aus ihrem neuen Buch auf sich hat.
Lebe gut: Liebe Frau Bewernitz, der kleine Herr Lu Chi ist die sympathische Figur in Ihrem neuen Buch. Wo sind sie ihm das erste Mal begegnet?
Doris Bewernitz: Ich traf ihn in einem Bahnhof. Genau dort, wo mitten in der Bahnhofswand die Tür zu der Gartenanlage ist, in der ich meinen Garten habe. Als ich eines Tages diese
Tür aufschloss, stand er plötzlich neben mir und fragte: »Oh, kann ich mal gucken? Das ist ja herrlich, mitten in der Großstadt, und hier sind Gärten?« Da lud ich ihn zu einem Kaffee
im Garten ein. Ich mochte sein offenes Lächeln, seine Unbefangenheit und Neugier. Das hatte so etwas Erfrischendes.
Lebe gut: Wie viel von dieser Figur steckt in Doris Bewernitz?
Doris Bewernitz: Das Leben hat mich gelehrt, dass es stets sowohl nützlich als wohltuend ist, jede Situation aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Eine einzige wird ihr in der Regel nicht gerecht. Wer neugierig bleibt, Fragen stellt und sich die Fähigkeit des Staunens erhält, befreit sich aus sogenannten Sachzwängen, wird freundlicher, erweitert seinen Horizont und entwickelt Humor. Und was gibt es Besseres? Das habe ich wohl mit Lu Chi gemeinsam.
Lebe gut: Verfügt Lu Chi auch über etwas, das Sie an ihm bewundern?
Doris Bewernitz: Oh ja. Vieles. Zum Beispiel dies: Er nimmt jeden Menschen so, wie er ist. Er unterstellt seinem Gegenüber immer die besten Absichten. Das finde ich großartig, auch angesichts seines Alters. Denn je mehr Kränkungen wir erleben, umso größer ist die Gefahr, dass wir ängstlich werden und genau diese Fähigkeit verlernen. Lu Chi hat sie sich aber bewahrt. Und ich glaube, das hat nicht im Geringsten etwas mit Naivität zu tun, sondern mit einer sehr humanistischen Lebenshaltung. Es ist eine Entscheidung.
Lebe gut: Was können wir als Leserinnen und Leser von ihm lernen?
Doris Bewernitz: Morgens aufzustehen und Augen und Herz zu öffnen für neue, gute Erfahrungen. Dem Schmerz nicht auszuweichen. Uns zu erlauben, die Schönheit der Welt zu entdecken. Die Kunst der Heiterkeit stoisch zu trainieren. Verletzlich zu bleiben. Freundlich zu sein. Täglich die Liebe zu wagen.